19. März 2024
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Wilde Spekulationen zum Amoklauf in Grafing: Die Stunde der Verschwörungstheoretiker

Bei einer Messer-Attacke sind am Dienstagmorgen um 5 Uhr auf dem Bahnhof in Grafing im Landkreis Ebersberg östlich von München eine Person getötet und drei weitere verletzt worden. Der Täter, der 27-jährige Deutsche aus Hessen, soll zwar bei der Tat „Allahu Akbar“ gerufen haben, es soll aber kein islamistischer Hintergrund vorliegen. Das Landeskriminalamt hat in einer Stellungnahme alle Verschwörungstheoretiker in die Schranken gewiesen.

PK LKA Amoklauf Grafing
Pressekonferenz Landeskriminalamt zum Amoklauf in Grafing –
(v.l.) LKA-Vizepräsidentin Sandles, LKA-Kriminaldirektor Köhler, Polizei-Vizepräsident Gietl und Oberstaatsanwalt Heidenreich

(Update 11.5.2016, 13:40 Uhr) Nachdem bei dem Amoklauf in Grafing gestern das Landeskriminalamt Bayern (LKA) in die Ermittlungen einbezogen wurde, weil ein möglicher islamistischer Hintergrund des Täters abgeprüft werden musste, haben sich in einschlägigen Kreisen in sozialen Medien wilde Spekulationen breit gemacht. Die Verschwörungstheoretiker aus dem Kreis der sogenannten besorgten Bürger witterten Morgenluft: Von Nachrichtensperre war die Rede, die Identität des Täters soll manipuliert worden sein und die Nachricht, dass der 27-Jährige keinen Migrationshintergrund hat, soll falsch gewesen sein. Allen voran delgardo.tv, die ursprünglich behauptet hatten, bei dem Täter handelt es sich nicht um Paul H., sondern um den Islamisten Rafik Y. Letzter ist jedoch schon lange tot, er wurde bereits 2015 bei einem Polizeieinsatz erschossen. Später war dann stellten sie dann unter Hinweis auf Polizeikreise das Paradoxon auf, der Beschuldigte sein kein Deutscher, habe nur einen deutschen Pass.

Das LKA hat am Mittwoch auf Facebook heftig auf die Verdrehung von Tatsachen reagiert. In einem Statement wurden Hetzer und Verschwörungstheoretiker in die Schranken verwiesen. Hier der Wortlaut:

„1. Es gibt und gab zu keinem Zeitpunkt eine Nachrichtensperre, auch wenn das fälschlicherweise vereinzelt von Medien so berichtet wurde.

2. Es wurde von uns zu keiner Zeit dementiert, dass der Tatverdächtige bei der Tatausführung „Allahu Akbar“ gerufen haben soll. Dieser Ausruf wurde von uns am Vormittag nur nicht bestätigt, weil verschiedenen Zeugenaussagen abzugleichen waren. Um 15:00 Uhr haben wir in einer weiteren Pressemitteilung veröffentlicht, dass Zeugenaussagen zufolge diese Aussagen vom Tatverdächtigen gemacht worden sein sollen.

3. Nach derzeitigem Ermittlungsstand gibt es keine Zweifel an der Identität des Festgenommenen. Gerüchte um eine angeblich andere Identität sind falsch, auch wenn sie durch verschiedene in- und ausländische Medien berichtet wurden.

4. Bei dem festgenommenen 27-Jährigen liegt kein Migrationshintergrund vor.

UND NOCH EINMAL GANZ DEUTLICH:
Wir dulden keine Beleidigungen und hetzerischen Kommentare! Diese werden von uns entfernt. Diese Facebook-Seite dient der Information und ist keine Plattform für unsachliche Diskussionen. Das könnt ihr auch in unserer Netiquette unter dem Punkt „Info“ nachlesen.“

 

(Update 10.5.2016, 15.10 Uhr) „Der Tatort war willkürlich gewählt, das Motiv für die Tat ist noch nicht klar.“, erklärte Polizei-Vizepräsident Günther Gietl vom Polizeipräsidium Oberbayern-Nord zum Amoklauf des 27-Jährigen in Grafing. Dieser war am Montagabend mit dem Zug nach München gereist. Ermittlungen haben ergeben, dass er entweder nach Österreich oder Portugal weiter wollte. In München hatte er in einem Hotel wegen einer Übernachtung gefragt. Weil er aber nur mehr 10 Euro dabei hatte, hatte er dort nur seinen Rucksack deponiert und ist dann wieder zum Hauptbahnhof gegangen. Dort hat der zufällig einen Ungarn kennengelernt, mit dem er einige Stunden verbracht hat. Diesem gegenüber hat der 27-Jährige geäußert, dass ihm unwohl sei. Dann ist er zum Hotel zurückgegangen und hat seinen Rucksack geholt. Am S-Bahnhof Hauptbahnhof nahm er dann die nächste einfahrende S-Bahn, die ihn schließlich zufällig nach Grafing führte, wo er am Dienstagmorgen um 1.38 Uhr angekommen ist. Die Nacht bis zur Tat um 4.45 Uhr hat er im Bereich des Bahnhofes verbracht. Es war dann die erste S-Bahn Richtung München, wo er mit einem 10 Zentimeter langem Survival-Messer auf den ersten Fahrgast eingestochen hat.

Der Amokläufer ist vor zwei Tagen in Hessen der Polizei aufgefallen, weil er wirres Zeug geredet hat. Es wurde ihm eine psychologische Betreuung eines Arztes angeraten, der er auch nachgekommen ist. Auch in den Vernehmungen nach der Tat machte er einen verwirrten Eindruck. So hatte er beispielsweise zur Frage, warum er in Grafing barfuß unterwegs war, geantwort, dass er Wanzen an den Füßen habe, die Blasen verursachen würden. Ein Gutachter muss nun entscheiden, ob verminderte Schuldfähigkeit vorliegt, was eine Einweisung in eine geschlossene Anstalt zur Folge hätte. Die Staatsanwaltschaft hat auf der Pressekonferenz bereits angedeutet, dass sie Bedenken wegen der Schuldfähigkeit des Mannes haben würde. Der Beschuldigte ist seit zwei Jahren arbeitslos und bezieht Sozialhilfe, vorher war er als Schreiner tätig. Einen Bezug zu München, Bayern oder Grafing gibt es nach den Erkenntnissen der Ermittler nicht. Für sie gibt es auch keine Ansätze auf Hinweise, dass er politisch oder religiös motiviert gehandelt hat.

Die Polizei hat bestätigt, daß das Todesopfer des Messerangriffes aus Wasserburg am Inn ist. Er war mit der ersten S-Bahn in Richtung München unterwegs. Die drei anderen Verletzten sind alle aus Grafing.

Die Spurensicherung in dem S-Bahnzug im Bahnhof Grafing, in dem die Bluttat stattgefunden hat, ist inzwischen abgeschlossen. Seit 16.15 Uhr verkehren die S-Bahnen der Linie S4  wieder auf den Regelgleisen.

(10.5 Grafing. .2016, 14.40 Uhr) Bei dem 27-jährigen Sozialhilfeempfänger aus Grünberg bei Gießen in Hessen soll es sich um einen psychisch Kranken handeln, der der Polizei wegen Drogenkonsum und psychischer Auffälligkeit bekannt ist. Er hat inzwischen die Tat gestanden. Nachdem er in der S-Bahn den ersten Mann niedergestochen hatte, wurde er vom Zugführer aus der S-Bahn mit einem Feuerlöscher vertrieben. Auf dem Bahnsteig griff der 27-Jährige dann das zweite Opfer an. Er lief dann über den Bahnhofsvorplatz und traf auf einen Zeitungszusteller auf dem Fahrrad und einen weiteren Radfahrer. Wieder hat er mit dem Messer zugestochen, verletzte aber die Radfahrer nur leicht. Dann flüchtete er weiter und versteckte sich im Gebüsch. Der Zugführer und ein S-Bahn Sicherheitsmitarbeiter konnte aber der ersten eintreffenden Polizeistreife das Versteck zeigen. Am Tatort wurde von den Ermittlern ein Behältnis gefunden, in dem Drogenreste waren.

Um 15 Uhr findet eine Pressekonferenz im Landeskriminalamt in München statt.

(10.5.2016, 13.17 Uhr) Laut einem Polizeisprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord ist ein 56-jähriger Mann aus Wasserburg am Inn, der bei einem Angriff mit dem Messer in der S-Bahn S4 am Bahnhof Grafing verletzt worden waren, inzwischen verstorben. Um 5 Uhr morgens hatte ein Mann dort wahllos auf Menschen mit einem Messer mit 10 Zentimeter Klingenlänge eingestochen und dabei „Allahu Akbar“ sowie „Ihr Ungläubige, Ihr müsst jetzt sterben“ gerufen haben. Die weiteren Opfer sind Männer im Alter von 58, 43 und 55 Jahren. Darunter waren zwei Radfahrer, die der Angreifer gegenüber dem S-Bahnhof niedergestochen hatte. Eines der Opfer, das er vor der S-Bahn niedergestochen hat, schwebt noch in Lebensgefahr. Die beiden Radfahrer sind leicht verletzt. Der Attentäter konnte kurze Zeit später am Bahnhof festgenommen werden.

Bei dem Täter handelt es sich um einen 27-jährigen Deutschen ohne Migrationshintergrund, der bisher nicht polizeibekannt ist. Er soll laut einem Polizeisprecher aus Hessen sein. Wegen eines möglichen islamistischen Hintergrundes der Tat hat das Bayerische Landeskriminalamt die Ermittlungen übernommen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat inzwischen geäußert, dass in alle Richtungen ermittelt werde, auch eine Tat im Drogenrausch nicht ausgeschlossen werden könne. Es gibt wohl Hinweise darauf, dass der Täter drogenabhängig ist. Die Grafinger Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) äußerte sich entsetzt über die Bluttat in dem beschaulichen oberbayerischen Städtchen.

Das Gleis 1 auf dem Grafinger Bahnhof ist voraussichtlich  bis 16 Uhr für die Spurensicherung gesperrt. Bei der S4 kommt es deshalb zu Verzögerungen im Betriebsablauf. Die Gleise 2-6 sind in Betrieb. Der Zugverkehr hier wurde kurz vor 7 Uhr morgens wieder aufgenommen.

Um 15 Uhr wird das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) auf einer Pressekonferenz nähere Einzelheiten zu dem Messer-Attentat bekannt geben.

 

 

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